Lais Corinthiaca und die Liebe
Bereits seit einigen Jahren befinde ich mich im kreativen Gedankenaustausch mit Adrian Sumner, Maler (http://www.adriansumner.com/) und Art Develpment Officer der Lörracher Partnerstadt Chester, GB. Uns gemeinsam ist vor allem eine große Vorliebe für die
Portraitmalerei von Hans Holbein, dessen Arbeiten wir in der Gemäldegalerie in Basel bewundern konnten. Adrian hatte die Idee, ein Holbeinbild gemeinsam zu bearbeiten und zwar in der Hinsicht,
dass jeder von uns einen Teil des Bildes auf seine Art neu interpretieren und malen sollte. Letztendlich entstanden dann 2 neue Bilder der „Lais Corinthiaca“, das 1526 von Hans Holbein
möglicherweise als Allegorie der käuflichen Liebe gemalt wurde und als ein Pendant zu Holbeins Bildnis „Venus und Amor“, als Allegorie der wahren Liebe gilt.
Das erste Bild ist ein in gemeinsamer Partnerarbeit geschaffenes Gemälde, dessen Hintergrund und Umgebung Adrian gestaltete, während ich die Frauenfigur malte. In einem fiktiven Text, welchen Adrian dem Maler Hans Holbein unterstellt, ironisiert er die komplizierte Kommunikation zwischen dem griechischen Künstler „Apelles“ und seinem anspruchsvollem Modell „Lais“, einer Frau die sich erst dann in aller Pracht malen lässt, nachdem genug Geld geflossen ist. Er sagt (aus dem Englischen sinngemäß von mir übersetzt): Meine „Lais“ trägt ein zeitgenössisches Kleid (in diesem festgehaltenen Augenblick) aber, sobald ihr das Geld angeboten wurde, … Ebenso hantiert sie mit einem weiteren Brauch und zeigt uns Tarockkarten. Diese Gestaltung ist üblich, um die Zukunft vorher zusagen und zwar entspricht der aufgedeckte Kartenstapel jeweils einer gezielt gestellten Frage. Also dies ist vor allem für den Betrachter so gemalt und kann Antworten auf sämtliche Fragen eröffnen. In kodierter Form selbstverständlich. Das gezeigte Bündel ist ein Tarot de Marseille aus dem 18.Jahrhundert stammend aus der Kartenmanufaktur von Nicolas Conver aus Marseille. Die Bilder gehen auf Holzstiche zurück und sind lediglich in blau, rot, gelb und grün coloriert. Die Elemente erinnern an Wasser, Feuer, Luft und Erde. Dieses hat zu Lebzeiten von Lais und Apelles natürlich noch nicht existiert und bezieht sich in erster Linie auf Sie als Betrachter. Nun, was würden Sie jetzt gerne wissen…?
Das 2. Bildnis ist meine eigene - aus der Historie herausgenommene - ironische Interpretation. Mit „Nur mit“ male ich Bild, das eine neue, auf die heutige Zeit bezogene und damit aktuelle Bedeutung enthält. Sexualität sehe ich als existentiellen Teil des Menschseins. Die Haltung der Kirche, die weiterhin unentwegt Sex als Sünde deklariert, kann ich wie viele andere nicht teilen, ebenso wenig wie die Ansicht, dass Keuschheit eine optimale Familienplanung gewährleiste und immer noch der beste Schutz gegen Aids sei.
Die Haltung von Frauen und von Männern zur Sexualität und Selbstbestimmung hat sich seit dem 16. Jahrhundert glücklicherweise weiterentwickelt. Kondome gab es damals noch nicht. Die Mittel, die uns Industrie- Pharmazie- und Werbetechnologien mittlerweile noch zur Verfügung stellen, hätten im Vergleich mit anderen Gütern zugegebenermaßen etwas fortschrittlicher sein können. Aber immerhin gelangen sie in den westlichen Industrienationen größtenteils zur Anwendung. Dank dieser Möglichkeiten haben Frauen ihr Recht auf Selbstbestimmung und eigener Lebensplanung überhaupt erst wahrnehmen können. Erotik muss dabei keineswegs auf der Strecke bleiben.