Barbara Ruda, Badische Zeitung , 3. Juli 2004

 

Vom Festhalten und Loslassen

QUATTRO+ (1): Die Lörracher Künstlerin Marga Golz beschäftigt sich mit der Lebenszeit
WEIL AM RHEIN. "Zeit" lautet das Thema einer multimedialen Ausstellung der Gruppe Quattro+ im Weiler Dreiländergarten. Wir stellen die Beiträge der vier beteiligten Künstler, die jeweils einen Kubus gestaltet haben, in einer Serie vor. Den Anfang macht Marga Golz. "Gleichzeitig kommen und gehen, geboren werden und sterben, geschenkte Leichtigkeit, bleierne Schwere". So liest der Besucher, wenn er den von Marga Golz gestalteten, mit weißen Tuchbahnen ausgekleideten Kubus betritt. Es ist der Beginn eines Textes der Künstlerin, mit dem sie die Menschen in poetischer Form auf die Installation "Gleichzeitig" vorbereiten will - einen schwarzen, schwebenden Sarg, der von der Größe her einem Kindersarg entspricht. Wie im Märchen "Schneewittchen" gibt der Deckel aus Glas den Blick ins Innere und die drinnen befindlichen weiße Daunenfedern frei. Man kann durch Knopfdruck die Federn zum sachten Umherfliegen bringen - eine schöne Bewegung, die anrührt und an Lebendigkeit, Freiheit, Engel oder Wolken denken lässt. Um Festhalten und Loslassen, Werden und Vergehen drehten sich die Gedanken der in Lörrach lebenden Künstlerin schon, als sie sich vor gut zwei Jahren an die Arbeit für das Projekt "Zeit" machte. Als ihr Hauptaspekt kristallisierte sich bald die "Lebenszeit" heraus. Welche Bedeutung gewinnt Zeit im Angesicht des Todes? Welche Spuren hinterlässt die Erinnerung? Dass sie anfangs sehr sachlich und distanziert an das Thema ging, hatte viel damit zu tun, dass Marga Golz in ihrem Leben schon mehrfach mit dem Tod konfrontiert war. Schnell merkte die Künstlerin, dass sie nicht auf Distanz bleiben konnte, dass persönlich Erlebtes und noch immer vorhandene Trauer den Arbeitsprozess leiteten. Assoziativ hielt sie Skizzen auf Zeitungspapier fest, bemalte sie mit Erdfarbtönen und leimte sie auf Karton. Schnell vergängliche Schlagzeilen und Tagesereignisse schimmern so in dem Werk "Zeitläufe" noch durch die Farbschichten hindurch. Die Motive fußen in der Wirklichkeit, stellen aber durch den bildnerischen Eingriff diese gleichzeitig in Frage. Sie spielen auf den Lebenszyklus an, der sich von Generation zu Generation wiederholt, und beziehen sich damit wie auch die Sarginstallation auf das Hauptwerk der Malerin bei "Zeit", ein fünfteiliges Ölbild im Hadidbau. Verschiedene Stadien im Menschenleben - Geburt, Erwachsenwerden, Lieben, langsamer Zerfall, Tod - verkettete Marga Golz in Bild- und Farbkomposition. Die figürlichen Elemente zersplitterte sie in dem für sie typischen Stil auf dem enormen Werk kaleidoskopartig und setzte die kantigen Facetten wieder zusammen, verwob sie zu einem vibrierenden Flächenmuster. Babys, Männer und Frauen, ein Tierskelett zerfließen vor den Augen des Betrachters. Nach und nach lenkt der wie die Figuren des Bildes den Blick nach rechts, zum Ende im Sarg. Der Lebenskreis schließt sich dort auf dem fünften Bild, indem Marga Golz mit im Wasser gespiegelten Babys und Kindern Motive des ersten Bildes wieder auftauchen lässt. In Form eines Bootes treibt ein Sarg auf dem dunkelblauen Wasser in ungekannte Ferne, zu neuen Ufern. Leben vergeht, Leben kommt. Gleichzeitig.