Stephan Hammers, Die Oberbadische, 23.September 2007


Zeitreise durch ein Künstlerinnenleben

„Szenenwechsel“: retrospektive Ausstellung von Marga Golz im Alten Rathaus
Inzlingen. Ab Sonntag werden die Blicke im Inzlinger Dorfkern von den acht aus den Fenstern des Alten Rathaus wehenden Porträts gefangen. Wie alle ihre Werke – „Kunst um der Kunst willen ist nicht mein Ding“ – haben auch diese überdimensionalen Bild-Fahnen mit Marga Golz persönlich zu tun.: Es sind Familienmitglieder, die sie in Graustufen mit Acryl auf Vlies gemalt und damit eine Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen geschaffen hat. Ähnlichen Alters scheinen alle Gesichter zu sein und passen trotzdem nicht ganz zusammen. Die Erklärung: Die Personen entstammen verschiedenen Generationen und verraten durch ihren Blick, die Haarmode oder die Form der Brille etwas von der Zeit, aus der sie stammen.
Zeiten und Räume verstecken sich hinter sämtlichen Objekten der Ausstellung. Betritt man die Galerie, wird man seitlich von einer farbenfrohen buddhistischen Gestalt auf dem Bild „Nara Nari“ begrüßt. – Marga Golz lebte eine Zeit in Bangkok. „Je mehr ich diese fremde Welt zu begreifen versuchte, umso ferner rückte sie.“
Von der philosophisch-mystischen Atmosphäre ging Golz geradewegs ins pulsierende Vor-Wende-Berlin. Aus dieser Zeit stammen die „politischen“ Bilder. Der „Zirkus“ zeigt beispielsweise die Vertreibung bunter Artisten durch die grauen, teilweise kopflosen Männer in Business - Anzügen – eine Szenerie inspiriert von einer Theateraufführung des Michael-Ende-Romans „Das Gauklermärchen“.
Ein weiterer „Szenenwechsel“ – so heißt ja auch passenderweise der Titel der Ausstellung – vollzieht sich in dieser Berliner Zeit. Marga Golz entdeckt für sich die Möglichkeiten des Kubismus und perfektioniert diesen Stil intuitiv mit Bewegungsdarstellungen: Auf dem Bild „Geschwindigkeit“ fühlt man einen Rennradfahrer geradezu an sich vorbei fahren, ein Großformat veranschaulicht das wilde Auf und Ab eines Stehaufmännchens im Harlekinkostüm – „eine Anspielung auf mich selbst“, verrät die Künstlerin.
Kommen wir in die neuere Zeit, kommen wir nach Lörrach, werden die Bilder Golz regelrecht jünger. Poppig, plakativ, starke Farben wie Blau, Türkis und Gelb. Auftauchende Delfine auf einer – abtauchende Liebende auf der anderen Leinwand, beides dominiert von funkelnden Licht- und Wasserreflexen. „Ich wollte, dass es knallt“.
Die Entdeckung des Golzschen Panoramas aus rund 25 Jahren lohnt aus kunstliebender und zeitgeschichtlicher Perspektive. Gerade jüngeren Menschen sei die erfrischende, facettenreiche, witzig-erotische, in jedem Fall unkomplizierte Ausstellung empfohlen.