Jürgen Scharf, Markgräfler Tagblatt 14.01.2020

Suche nach Freiheit

 

Schopfheim. Der neue Grand Salon in Bad Säckingen, bei dem auch Marga Golz beteiligt ist, heißt schlicht „Colours“. In der parallelen Schopfheimer Einzelausstellung der Lörracher Malerin in der Kulturfabrik hat Golz mit Absicht den Titel „Farbe bekennen“ gewählt.

 

Aber im Prinzip bezieht sich der Titel auf das Farbenspiel des Chamäleons und auf die Farbpalette, mit der Marga Golz so virtuos spielen kann. Mitten im großen Raum der Galerie der Stadt Schopfheim, der Installationen gut verträgt, steht ein großes Chamäleon aus Pappmaché, beklebt mit unzähligen kleinen Köpfen und Porträtfotos, ausgeschnitten aus Zeitungen. Bereits hier trifft das Motto „Farbe bekennen“ zu, denn es meint „Meinung vertreten“, auch in der Zeitung werden Meinungen von Menschen vertreten, die ihrerseits Farbe bekennen.

 

Die aufgeklebten Köpfe wirken wie eine Schuppenhaut, lebendig, lustig, aber auch ernst, denn Meinungen werden immer kontrovers diskutiert – auch in der Kunst. Wer genauer hinschaut, entdeckt überall Chamäleons in den Bildern, in den Zitaten bei den Alten Meistern, überall nimmt das Chamäleon seinen Platz ein, sitzt auf dem Baum oder krallt sich an der Rinde fest.

 

Der Körper wird zum Bildthema

 

Marga Golz’ Schau ist ein Statement. Erotik, Sexualität und Scheinheiligkeit sind der Anstoß für viele ihrer Werke, bei denen der Körper zum Bildthema wird. Schon im Vorwort der Begleitbroschüre nimmt sie Stellung zum leicht provokativen Eingangsbild „Verlockungen“ mit vier Revuetänzerinnen und einem nackten Mann.

 

Ein weiterer Komplex, den sie gerne durchspielt, ist das Rollenverhältnis von Mann und Frau. Hier findet sie zu sinnlich-surrealistischen Werkaussagen. Die Malerin mag sehr die Surrealisten, das sieht man in ihren Bildern. Nicht von ungefähr steht diese Kunstrichtung für das Geheimnisvolle, Traumhafte und das Abtauchen in das Unbewusste. Vieles schlummert in uns über Generationen hinweg. Und das fördern Golz’ Bilder zu Tage. In einer surrealen Ecke kann man hier in Traumwelten eintauchen.

 

Auffallend ist, dass Golz oft die Rolle der Frau in der Gesellschaft und die weibliche Selbstbestimmung thematisiert und die Geschlechterrollen vertauscht. Aus Frauen werden Männer und umgekehrt. Das geht bis hin zu einem raffinierten Verkleidungsbild nach einem Velázquez-Motiv mit Rollentausch und Abweichungen von der Norm.

 

Ungewöhnliche Bildszenarien und Assoziationen gibt es genügend in Golz’ Malerei. Das fängt bei einem Werk an, das sich auf Holbein bezieht, dem Porträt einer Kurtisane, als Verweis auf die heutige Zeit, und geht bis zum ironischen Rollentausch in „Nymphenteich“ nach einem Gemälde von J.W. Waterhouse (1896), das im Zuge der MeeToo-Debatte aus einer Galerie entfernt wurde. Bei Golz sind aus den Nymphen hübsche junge Männer im Teich geworden.

 

Spiel mit Motiven aus der Kunstgeschichte

 

Die Malerin spielt gern mit Motiven aus der Kunstgeschichte, die sie ins Heute holt und auf eigenwillige surreal-ironische Art kommentiert. In gleicher Art wird Manets „Frühstück im Grünen“ von Golz „paraphrasiert“, wie es ihr Interpret Jürgen Ambrecht bei einem Rundgang ausdrückte. Auch Personen aus dem eigenen Umfeld und sich selber bringt die Künstlerin in die Bilder ein.

 

Das große Schachbrett-Triptychon ist eines der bemerkenswerten Illusionsbilder zum Thema geschlossener Raum, in denen sich der Raum unendlich weitet und die Spielfiguren nach Ausgängen suchen. Viel Symbolik findet sich in einer neuen Serie mit Türen als Ausdruck für die Suche nach Freiheit und dem Dahinter. Wasser ist ein ähnlich starkes Sujet. Faszinierend auch die neue Serie mit verwelkenden Rosen, die eine eigene Ästhetik der Vergänglichkeit haben.

 

Das überzeugende Ausstellungskonzept, das die Räumlichkeit der Kulturfabrik bis hin zu einem Paravent mit fünf Bildtafeln als Raumteiler gut ausnutzt und die sogenannte Petersburger Hängung für eine üppige Wandgestaltung wählt, hat die Künstlerin zusammen mit der Ausstellungsmacherin Heike Mages erarbeitet – bei 70 gezeigten Arbeiten kein leichtes Unterfangen. Schließlich schaffen die Bilder von Marga Golz allein schon durch die Kombination von Raum und Fläche Illusion.   Bis 9. Februar, Mi, Sa, So 14-17 Uhr