Barbara Ruda, Badische Zeitung, 26. September 2007


Wendungen und Wandlungen

Marga Golz blickt in der Ausstellung "Szenenwechsel" in Inzlingen auf fast dreißig Jahre künstlerischen Schaffens zurück
Vielschichtig ist das Thema "Szenenwechsel", mit dem Marga Golz ihre umfangreiche Retrospektive auf fast dreißig Jahre künstlerischen Schaffens in der Galerie Altes Rathaus in Inzlingen betitelt hat. Treffend beschreibt es die Wendungen und Wandlungen, die Marga Golz in ihrem Leben und als Künstlerin genommen hat. Mit der inneren Entwicklung ging jeweils auch eine äußerliche einher, die sich in Ortswechseln ausdrückte. Die frühen Werke entstanden in Kassel und Bangkok, spätere in Berlin und dann in Lörrach.
Mit "Szenenwechsel" setzt die Künstlerin eine große Klammer für die unterschiedlichen Werkgruppen der Jahre 1978 bis 2007, die so auf zwei Etagen sowie auf die Fassade verteilt gezeigt werden, dass man auf dem Weg durch die Räume chronologisch ihren Werdegang verfolgen kann. Wie Kulissen eines Theaterstücks empfangen den Wanderer durch die sichtbar gemachte Zeit acht aus den Fenstern wehende, überdimensionale Bildfahnen mit schwarz-weißen Frauen- und Männerporträts. Es sind Familienangehörige verschiedener Generationen, die Marga Golz alle im Teen- oder Twenalter in Szene gesetzt hat. Alt oder jung? Eine zeitliche Einordnung ist lediglich über die Kleidungs- oder Frisurenstile möglich. Der Mensch, seine elementaren Gefühle und alle Facetten des Zusammenlebens ziehen sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung. Stand anfänglich der Kopf im Bildzentrum, entwickeln die späteren Menschenbilder ihre Kraft durch die Kombination mit dem Bildhintergrund. Die Künstlerin schafft darauf poetische Sinnbilder für Einsamkeit, Angst, Eros, Liebe oder das menschliche Sehnen nach Transzendenz.

 

Man denkt, dass man die Sachen anfassen kann
Am Anfang, als Marga Golz noch gar nicht so genau wusste, wo ihr künstlerischer Weg hingehen würde, war ein Stil, den sie selbst "magischer Dingrealismus" nennt. Man denkt, dass man die Sachen anfassen kann, so fotografisch genau sind eine Topfpflanze oder einen Einkaufswagen auf Leinwand gebannt. Wie auch die Ölgemälde "Dschungel" mit melancholisch anmutenden Farbtönen, welche eine junge Frau in den Waldboden hineinzuziehen scheinen, oder das heiterere "Nara Nari" , beide in Thailand entstanden, strahlen diese Bilder eine Magie aus, mit der sich die Künstlerin von rein dekorativen Elementen abzugrenzen suchte.
Nach ihrem Umzug ins Vor-Wende-Berlin spielt ein bisschen Zeitgeschichte und Gesellschaftskritik in die Bilder hinein. So versetzt Marga Golz auf "Zirkus" Michael Endes "Gauklermärchen" in die Hausbesetzerszene. Die vielen Elemente auf diesem Bild zeigen schon die Richtung auf, welche die Künstlerin nun nehmen wird, um die komplizierte Gleichheit und das Nebeneinander von Dingen in Farben und Formen lebendig werden lassen zu können. Auf ihren kubistischen Werken aus der Lörracher Zeit fügt sie Motivdetails wie Puzzleteile zusammen. Die dabei entstehenden Muster entwickeln sich vor den Augen des Betrachters zu lebendigen Wesen. Was gerade noch greifbar schien, zerfließt im nächsten Moment wieder. In "Mischwesen" oder "Badend" spiegelt Marga Golz sich selbst und betrachtet sich mit einem Schuss Ironie. "Das sind Bilder gegen das Cool-Sein" , erklärt sie mit einem Augenzwinkern.


Technik sorgt für starke plastische Wirkung
Ihrer Technik, die Farben immer akribisch in Schichten aufzutragen, so dass man den Pinselstrich nicht sieht, sorgt für die starke plastische Wirkung der Bilder. Darin ist sich die Künstlerin durch alle "Szenenwechsel" hindurch stets treu geblieben. In jüngster Zeit haben sich die Werke der Künstlerin, die demnächst ihren fünfzigsten Geburtstag feiert, noch einmal gewandelt. Geradezu jünger sind sie geworden, kräftiger, mutiger und weniger melancholisch als früher. Zu den Öl- sind die Acrylfarben dazugekommen. Trotz der Verwendung von kräftigem Türkis und Blau überrascht das Bilderpaar "Eintauchen" und "Abtauchen" mit ganz zarten Übergängen und Schattierungen. Sowohl bei den auftauchenden Delfinen wie auch beim abtauchenden Liebespaar wird der Blick des Betrachters auf die funkelnden Licht- und Wasserreflexe gelenkt. Wahrlich zauberhaft, diese (Unterwasser-)Welt.