Roswitha Frey Badische Zeitung Sa.20.01.2018

Schwimmende Leiber

 

Die Lörracher Künstlerin Marga Golz zeigt ihre Ausstellung "Preußisch Blau und Grüne Erde" im Haus Salmegg in Rheinfelden.

 

Eintauchen. Schwerelos im Wasser dahingleiten. Sich geschmeidig wie ein Fisch in Fluten von kühlem Blau bewegen. In magische Unterwasserwelten führt die Malerin Marga Golz die Besucher ihrer Ausstellung im Rheinfelder Haus Salmegg. Das beginnt schon am Treppenaufgang, wo das große Gemälde "Auftauchend" hängt: eine Figur im Wasser, mit verschwimmenden Konturen, umflossen von Wellen, auf denen Lichtreflexe tanzen.

 

Seit langem ist die Künstlerin aus Lörrach fasziniert vom Element Wasser. In ihren neuen Bildern zu diesem Thema fließen Reales und Surreales, Mythologisches und Märchenhaftes zusammen. In der Frau, die mit einem Schwarm leuchtend farbiger Fische anmutig durch das tiefe blaue Farbenmeer schwimmt, ist unschwer die Malerin selbst zu erkennen. Weibliche Figuren mit Flossen und Taucherbrillen, die etwas von Meerjungfrauen und Fischwesen haben, tummeln sich in diesen Unterwasservisionen einträchtig neben Fischen, Schildkröten, Korallen, Meerestieren. Es spielt viel Traumhaftes und Unterbewusstes in diese Malerei hinein, die sinnbildlich von der Frau erzählt, die sich freischwimmt und losgelöst von Zwängen und Alltagsschwere im Wasser mit den Fischen taucht. "Deep Blue" sind zwei fantastische Bilder betitelt, in denen menschliche Körper in Meerestiefen und zugleich in Seelentiefen abgetaucht sind.

 

Marga Golz erweist sich als Meisterin des magischen Realismus, deren malerisches Können, detailgenaue Präzision und ausgefeilte Maltechnik zutiefst beeindrucken. Der Titel ihrer Einzelschau auf Einladung des Haus Salmegg-Vereins bezieht sich auf zwei Farben, die eine Grundlage ihrer malerischen Arbeit bilden: "Preußisch Blau und Grüne Erde". Das Blau als Farbe des Wassers und des Himmels, das etwas Kühles, aber auch Träumerisches ausstrahlt, und das Grün, das Ruhe und Harmonie ins Bild bringt, sind prägende Farbstimmungen in Golz‘ Malerei in Öl und Eitempera auf Leinwand.

 

Geheimnisvoll wirkt das Gemälde "Titanic", in dem sich Marga Golz als liegenden Frauenakt in einem Maschinenraum darstellt. Die vielarmige Frauengestalt liegt auf einem Riemen in einem Schiffsraum, bis zum Hals im Wasser, Fische schwimmen um sie herum. Der Kontrast Mensch und Maschine wird stark hervorgehoben: hier der graziöse weibliche Körper, dort die Strenge und Kälte der Maschinen und Räder. Traumartiges aus dem Unterbewusstsein steigt in dieser rätselhaften Szene auf, die von der Titanic, aber auch von einem berühmten Foto von Man Ray inspiriert ist, auf dem die Surrealistin Meret Oppenheim am Rad einer Druckerpresse steht.

 

 Den zentralen Raum hat Marga Golz in ein riesiges Aquarium verwandelt. Große Drucke auf Stoff hängen schwebend von der Decke herab. In dieser Rauminstallation kann der Besucher eintauchen in eine mythische Welt der schwimmenden Körper in ozeanblauen Tiefen. Die Bilder aus Stoff umsäumen zwei "Aquarien des Schreckens", Objekte mit zeitkritischen politischen Anspielungen auf Trump, Erdogan und Kim Jong-un, die als böse Fische in Glasbehältern auftauchen.

 

Ein anderer Raum versammelt Impressionen mit Wasserspiegelungen aus Venedig, sich im Wasser spiegelnde Häuser und Brücken, Lichtreflexionen, Waldstimmungen, Bilder von Bachufern, dichtem Geäst, Blättern und kleinen Flüssen, in denen Golz in impressionistischer Manier Natureindrücke in pure Atmosphäre, Licht und Spiegelungen auflöst. Als meisterhafte Porträtistin erweist sich die Malerin in dem Raum mit Bildnissen, in denen sich Realistisches mit surrealen Elementen vermischt. Eindrücklich und berührend ist das Porträt einer alten Frau, halb verborgen hinter Baumgeäst. In anderen Porträts verweben sich die Gesichter mit Mustern und Ornamenten in der Art von Tätowierungen.

  

Immer wieder beschäftigt sich die Malerin mit der Rolle der Frau in der Gesellschaft und in verschiedenen Kulturen. Vieldeutig interpretierbar sind die Gemälde, in denen Golz als Surrealistin im Geiste eines Magritte oder Max Ernst starke Bildwelten von verschlüsselter Symbolkraft erfindet. Eine Frau vor einer Treppe, die ins Ungewisse führt, eine Frau in einem Raum voller Türen und Telefone, eine Frau mit verbundenen Augen auf einem überdimensionalen Käfer sind assoziationsreiche Motive, die schon etwas Kafkaeskes in der Verfremdung haben. Die Themen Verhüllung, Verschleierung, Kopftuch setzt Golz mit großer Sensibilität und Fantasiekraft um, etwa in der ungewöhnlichen Serie "Covered".

 

 Im letzten Raum sind Stillleben von überdimensionalen Zuckerdosen zu sehen, in denen Marga Golz das schimmernde Porzellan und die ornamentalen Muster der Gefäße gemalt hat und die verborgene Schönheit dieser Alltagsgegenstände malerisch exquisit zum Vorschein bringt: ein Fest der brillanten Malkunst.

 

Ausstellung: Haus Salmegg Rheinfelden, bis 25. Februar, Samstag und Sonntag 12-17 Uhr. Malaktion mit Facepainting am 21. Januar 14-17 Uhr (Anmeldung 07621/45056), Künstlergespräch am 4. Februar, 15 Uhr.