Nestwärme
Dass Themen wie Kommunikation und Beziehung mein künstlerisches Werk durchziehen ist kein Zufall. Bedingt durch das Zusammenleben mit Kindern und den damit einhergehenden Konflikten beschäftigen
mich diese Bereiche immer wieder neu. Im Spätsommer 2005 zieht mein 15 jähriger schwer behinderter Sohn Felix als erster von 4 Geschwistern, die im Alter zwischen 14 und 19 sind, zu Hause aus, um
im St. Josefhaus in Herten, in einer betreuten Wohngruppe zu leben. Felix, mit starken autistischen Zügen, kann sich nur nonverbal verständigen. Sein neues Zuhause ist ein Kommunikationsort
besonderer Ausprägung: Mit vielschichtigen Einrichtungen wie Schul-, Werkstatt- und Wohnbereichen zeichnet sich diese Institution als Schnittstelle der Begegnung von Menschen aus, die auf
ungewohnte Art miteinander kommunizieren. Behinderte und Nichtbehinderte begegnen sich hier, Menschen, die betreut lernen und wohnen, Familien, die ihre Angehörigen der Obhut des St. Josefshaus
anvertrauen, Menschen, die sich um Betreuung, um Versorgung und um die Verständigung mit behinderten Menschen und um deren Förderung bemühen.
Kommunikation erlebe ich als sehr komplexen Prozess mit ungewissem Ergebnis, in der eigenen Familie, mit heranwachsenden Kindern als eine Herausforderung. Die Voraussetzung von gelingender
Kommunikation heißt, den Anderen verstehen zu wollen, ihm wirklich zuzuhören, offen für ihn zu sein, selbst wenn er anders ist. Eine wichtige Voraussetzung dafür liegt in der eigenen
Beziehungsfähigkeit, die wiederum durch die „Kinderstube“ vorgeprägt ist. Junge Menschen sind eingebunden: im Glücksfall im Kontext der Geborgenheit einer liebevollen Familie, die sie
gleichzeitig aber auch mit überholten und starren Traditionen einschnüren kann.
Etliche Kinder wachsen mit weniger guten Startchancen heran. Das sucht sich niemand aus. Kinder lernen von Eltern und Bezugspersonen, nehmen Vorbilder an, grenzen sich ab.
Generationskonflikte bestehen heute wie gestern. Aber Rollenbilder verändern sich, neue Klischees entstehen, während alte fortbestehen. Junge Menschen beschreiten eigene Wege. Das vertraute Bild von Familie bekommt weitere Sprünge. Eine beruflich bedingte Mobilität nimmt gezwungenermaßen zu, reißt Familien auseinander. Wie und wohin sich orientieren? Lörrach 2006